Es war gestern kein Glanzstück, mit dem man zum Meistertitel durchmarschiert wäre.
Es war allerdings eine Performance, die ihren Namen verdiente.
Bis zum Ausgleich ließ man Bremerhaven nicht zur Entfaltung kommen. Und hatte ich bislang den Eindruck einer nordamerikanisch geprägten hart spielendenen Mannschaft, kauften die Roosters ihnen physisch den Schneid ab und ließen Jammerlappen, die ihre Hipster-Bärte spazieren trugen, zurück. Ab dem Ausgleich sowie den folgenden lächerlichen Strafen änderte sich dies dann etwas, wenngleich diesmal wenigstens kein Einbruch folgte. Bei den beiden folgenden Gegentreffern sah die Defensive allerdings wieder sehr neben sich bzw. den Gegenspielern stehend aus. Schade bis ärgerlich darüber hinaus, dass diverse Großchancen ausgelassen wurden.
Tritt man jedes Spiel so auf, verliert man zwar gelegentlich so eines wie gestern, in der Summe werden Partien wie die am Mittwoch jedoch gewonnen.
Insgesamt sind die Roosters nicht unverdient ausgeschieden. Gewinnt man allerdings dieses enge Spiel gestern, sieht die Play-Off-Welt Richtung Sonntag schon wieder ganz anders aus.
Den überwiegend netten Bremerhavener Fans ist ein Viertelfinal-Einzug durchaus zu gönnen.
Was mich allerdings wundert: Bei solch einem kleinen Standort mit entsprechender Halle hatte ich mehr Play-Off-Fieber erwartet. Ausverkauft war es, ist es dort auch sonst häufig. Aber schon am Mittwoch wurde nicht mal annähernd die Hälfte des Gästekontingents benötigt, und die Atmosphäre dort war ausschließlich während der eigenen Tore vernehmbar.
Ansonsten regierte ausschließlich der Gästeblock. Das ist nichts Neues, wenn er von Iserlohnern gefüllt wird, aber so deutlich bei einem ausverkauften Auswärtsgegner stellte das schon ein Kuriosum dar.
Der Einlass in Bremerhaven ist immer noch ein etwas zeitaufwändigerer, und das Kartensystem ist im Kontrast zu dem in Düsseldorf oder Krefeld verhältnismäßig beknackt. Aber lieber eine Arenakarte gegen 10 € Pfand holen zuzüglich aufladen lassen als mit eigener Bank-Karte zu zahlen und keine Quittung zu bekommen. Transparenz geht jedenfalls anders.
Derweil ließen sich manche mit dem Maskottchen Kralli fotografieren, dessen Seitenhaare eher nach Bananenstauden aussahen bzw. ihn wie einen Predator-Pinguin wirken ließen.
So hatten wir wenigstens einen lohnenswerten Anlass zu einer sehr coolen Fanfahrt.
Der mitgebrachte Kumpel meines Kumpels hatte nicht bloß die Statur eines Oberschenkels, sondern musste seinem pathologischen Trinkverhalten auch entsprechend Tribut zollen und war ab der 1. Drittelpause nicht mehr gesehen, vermutlich zwischen ein paar Gästeblockbeine gefallen. Nach dem Spiel wurde er im Umfeld der sanitären Anlagen wieder gefunden.
Auf der Rückfahrt sollten die Uni-Chromosomenträgerinnen unter uns feststellen, warum seit 24 Stunden wieder für 364 Tage Weltmännertag ist, als beim einzig vorgesehenen Halt auf einem Rastplatz irgendwo bei Cloppenburg die Damentoilette übergelaufen war. Da halfen nur noch Bus-Pissoir oder mit dem Buschmesser ins Dickicht.
Der Bus schien sich solidarisieren zu wollen und verweigerte jegliche Weiterfahrt, so dass wir in den folgenden Stunden dort heimisch wurden. Fans von Wechselbädern kamen beim Ein- und Aussteigen des ausgeschalteten Busses in den Genuss von zwei Klimazonen. Während mein Kumpel überlegte, ob er sich bei einem der schlafenden Trucker um Weiterfahrt bemühen und dafür seine rektale Unschuld riskieren wolle, trudelte nach knapp 1,5 Stunden technische Unterstützung ein, der auch keine Weiterfahrt vermelden konnte. Nach dem Abschleppdienst fuhr schließlich nach über 4 Stunden der als Ersatz aus Arnsberg gestartete Bus vor.
Um 8 Uhr morgens waren wir dann wieder am Seilersee. Danach bei der Arbeit vorbei geschaut, einkaufen gegangen und Schlaf nachgeholt, bevor ich mir im Play-Off-Wahn noch Basketball am Abend gegeben habe. Dort konnte ich dann jedenfalls Herrn Combs bei seiner Nebenbeschäftigung als Kangaroos-Maskottchen Jumpy wieder sehen. Der Aktionsradius wirkte verdächtig identisch.
Vom Humor abgesehen: Beleidigungen gegenüber Spielern gehören sich nicht. Das sind schließlich keine Verbrecher.
Allerdings wird mir der eine oder andere Abschied nicht allzu leid tun.
Pragmatisch betrachtet war die Saison weder ein Erfolg noch ein Misserfolg: Man hat das Mindestziel erreicht, nicht mehr oder weniger.
Die Zahl an grotesken Darbietungen gerade gegen machbarere Gegner war jedoch schon immens hoch.
Sicherlich stehen wir nicht so weit hinter unseren Erwartungen wie z.B. in Augsburg oder Düsseldorf. Bremerhaven sollte allerdings in der Regel hinter uns stehen, was seit deren DEL-Einstieg vor zwei Jahren unter Einbeziehung der Play-Offs noch nicht passiert ist.
Die Farewell Party wird vermutlich wie immer am Freitag nach Saisonaus stattfinden, wovor am Mittag die Verlängerungen, Weiterverhandlungen und Abschiede kommuniziert werden.
Ich bin gespannt, und verfolge darüber hinaus die DNL, das weitere Play-Off-Treiben, die WM sowie die NHL. Völlig langweilig wird's also auch aus Hockey-Sicht nicht.
Nächstes Jahr möchte ich um diese Zeit allerdings noch gar nicht an diese Form des Roosters-Substituts denken.